Erstes Dynadicht: duell mit ladehemmung ... 1990
Unter dem Einfluss der Lyrik u.a. Ernst Jandls und vieler Dichter der Konkreten Poesie sind ab Ende der 80er-Jahre, vor allem aber in den 90er-Jahren erste eigene Arbeiten entstanden, die diese Traditionen aufnehmen.
Dies war auch die Zeit der massenwirksamen PC-Revolution und später, ab Mitter der 1990er-Jahre des zunehmend öffentlich nutzbaren Internets und World Wide Webs – mit allen faszinierenden neuen technischen Möglichkeiten der Programmierung, Darstellung, Präsentation und Publizierbarkeit.
Als Programmierer und Buchautor im IT-Bereich zog mich die experimentelle Umsetzung bzw. Darstellung von konkreter Poesie sofort an.
Erste Texte, die – wie so hervorragend von Ernst Jandl und Kollegen vorgemacht – noch ein zeitliches Geschehen in der textlichen, meist sich zeilenhaft unterscheidenden Darstellung auf Papier oder Bildschirm abbildeten, schrieen quasi danach, in eine bewegte, direkt am Monitor nachzuverfolgende Form übersetzt zu werden.
Damals habe ich als Datenbankprogrammierer gearbeitet, mit einem damals recht populären System namens R:Base, das u.a. besonders gerne von der NASA und (auch deutschen) Firmen eingesetzt wurde, die im technischen Umfeld der Raumfahrt zuhause waren.
Mit der einfachen Script-Sprache von R:Base ließen sich tatsächlich ausführbare Programme erzeugen, und für mich war es der leichteste Weg zu einem ersten Dynadicht – zu dem sich später noch Dutzende weitere gesellt haben.
Ausgangspunkt war das duell mit ladehemmung – hier das Gedicht in klassischer, zeilenweiser Darstellung (Klick auf den Titel zum Öffnen):
duell mit ladehemmung
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Nun ist es so, dass zu dieser Zeit noch DOS das vorherrschende Betriebssystem war, während Windows mit Version 3.0 gerade seinen Siegeszug begann (noch für kurze Zeit mit dem IBM-Konkurrenten OS/2 im Nacken).
Ausführbare R:Base-Programme liefen damals nur unter DOS. Und die schlichte textbasierte Oberfläche, die man heute noch in einem Windows-Kommandozeilen-Fenster erleben kann, war wie gemacht für meine Zwecke: Eine nicht-proportionale Darstellung, so dass wie bei einer Seite aus der Schreibmaschine alle Zeichen genau untereinander stehen.
Prima! Aber was ist heute? DOS-Programme laufen unter Windows nur noch mit Verrenkungen (Stichworte für die Kenner: mit DOSBox emulieren oder eine virtuelle Maschine aufsetzen).
Aber ich würde sie ja gerne dir, meinem Leser, meiner Leserin, präsentieren. Ich hatte lange Zeit nicht mehr darüber nachgedacht, wie ich meine alten DOS-Programme in der heutigen Zeit zugänglich machen könnte – es sei durch Neuprogrammierung oder Portierung, ein zu zeitaufwändiges Unterfangen.
Aber während der Arbeit an der JOKsite, speziell bei der „Hebung“ eines anderen alten Schätzchen, dem testdutzend, bin ich auf die MS-DOS-Software-Library des Internet Archives gestoßen.
Wow! Da kann man eigene DOS-Programm hochladen, die dann – mit technischen Tricks per DOS-Emulation und Javasript – für jeden im eigenen Browser erlebbar werden.
Wählt man ein Programm aus, zum Beispiel das duell mit ladehemmung, sieht das etwa so aus:
duell mit ladehemmung
in der MS-DOS-Software-Library des Internet Archives
Im oberen Teil des Bildschirm lässt sich das Programm mit einem Klick auf einen Button im emulierten DOS starten, mit der Option, die Darstellung auf Fullscreen umzuschalten.
Und nach einem kleinen Moment, voilà, man sitzt vor einem originalen DOS-Rechner/Bildschirm!
Sinn und – vielleicht :-) – Spaß macht das aber nur an einem echten PC, denn man braucht eine reale Tastatur, um das Programm nach dem Laden zu starten. Auf einem Smartphone lässt sich die virtuelle Tastatur in der Regel nicht öffnen.
Das duell mit ladehemmung, das erste Dynadicht von 1990, lässt sich also wieder live erleben:
duell mit ladehemmung in der MS-DOS-Software-Library des Internet Archives
Viel Vergnügen in der DOS-Welt!
Für diejenigen, denen das echte Erlebnis nicht ganz so wichtig ist oder die gerade mit Smartphone oder Tablet unterwegs sind:
duell mit ladehemmung als Video betrachten
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